01.11.2016

Ambulante Dienste e.V. zum Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Selbstbestimmung sichern – Teilhabe ausbauen

In den letzten Wochen und Monaten sind tausende Menschen mit Behinderungen auf die Straße gegangen und haben gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bundesteilhabegesetz demonstriert. „Mit den vielen Einschränkungen, die mit dem neuen Gesetz verbunden sein werden, haben die Menschen Angst, kein selbstbestimmtes Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen mehr führen zu können, wie es für nichtbetroffene ganz normal erscheint“, so Birgit Edler von dem Ambulanten Diensten e.V. Als großer Träger von sozialen Dienstleitungen für Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf, setzt sich der Verein bereits seit 35 Jahren in Münster für ein selbstbestimmtes Leben außerhalb von Heimen und Anstalten ein. Auch die Behinderten- und Sozialverbände haben ihrerseits bereits in vielen Stellungnahmen auf die zu erwartenden Verschlechterungen für die Betroffenen aufmerksam gemacht.

Die Erwartung an das Gesetz war eine andere, sollten doch eigentlich die Vorgaben der Behindertenrechtkonvention der Vereinten Nationen, die eine Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe vorsehen, umgesetzt werden. Das Gegenteil ist nach Ansicht vom Ambulante Dienste e.V. aber auch anderen Experten, wie dem Forum behinderter Juristinnen und Juristen der Fall. Zu befürchten sei, dass durch den jetzigen Entwurf, die Teilhabe von Menschen mit Behinderung nicht verbessert, sondern deutlichst verschlechtert wird.

Viele bisher Anspruchsberechtigte erhalten zukünftig überhaupt keine Leistungen, wenn es bei der im Gesetzentwurf vorgesehen Regelung bleibt, dass nur derjenige eine Leistung erhält, der einen dauerhaften Unterstützungsbedarf in gleich fünf von neun im Gesetz aufgelisteten Lebensbereichen nachweisen kann. Hierzu gehören Kommunikation, Mobilität, häusliches und Leben oder Teilhabe in der Gemeinschaft. Besteht ein Unterstützungsbedarf nur in einzelnen Lebensbereichen, könnte die Hilfe nicht mehr gewährt werden. Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetz nicht nur am Kostenvorbehalt festhalten, sie will ihn sogar verschärfen. Dieser führt dazu, dass vielerorts nach wie vor die Behörden über das Wohnen und die Lebensform der Menschen entscheiden und nicht der Betroffene selbst.

Zudem sollen zukünftig grundsätzlich die billigsten Leistungsanbieter*innen den Zuschlag für die Versorgung erhalten. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ soll entfallen. So können Sozialämter Menschen mit hohem Assistenz- und Hilfebedarf aus Kostengründen in ein Heim drängen, weil das in diesen Fällen günstiger wäre als ambulant betreutes Wohnen. Für den Betroffenen bedeute das, kein selbstbestimmtes Leben mehr nach eigenen Vorstellungen und Wünschen, sondern sich den oft festen Strukturen (z.B. Vorgegebene Essen- und Ruhezeiten) in einer solchen Einrichtung unterzuordnen. Als junger Betroffener samstags abends um 21.00 Uhr Freunde einladen um Fußball zu schauen? In einem Pflegeheim nur schwer vorstellbar.

Vorstand und Geschäftsführung des Ambulante Dienste e.V. sehen in dem Gesetzentwurf einen eklatanten Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, die Menschen mit Behinderung zusichert, dass sie selbst über Wohn- und Lebensform entscheiden können und nicht gegen ihren Willen in einem Heim leben müssen (Art. 19 UN-BRK). „Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen“, erklärte Tim Jödicke, selbst Betroffener und Vorstandsmitglied des Ambulante Dienste e.V.

Deshalb muss es gelingen, in den kommenden Wochen noch wesentliche Änderungen im Gesetzentwurf zu bewirken!

Ambulante Dienste e.V.
Birgit Edler
Geschäftsführung
Tel.: 0251 208164 22 MOBIL: 0162 1378818 MAIL: Birgit.Edler@Ambulante–Dienste-Muenster.de

Demo gegen Zwangsumsiedlung Behinderter

Behinderte Menschen bereiten am 22.09. symbolisch ihre zwangsweise Umsiedlung in Behindertenheime vor. Dazu werden wir uns ab 10:00 Uhr vor dem Brandenburger Tor mit Umzugskisten und präparierten LKWs versammeln und gegen das Teilhabegesetz demonstrieren. Dieses wird zeitgleich im Bundestag in der 1. Lesung diskutiert und als Liveübertragung bei der Demonstration verfolgt. Als Redner werden u.a. die behindertenpolitischen SprecherInnen der Bundestagsfraktion erwartet.

Seid Ihr dabei?

Kampf für ein gutes Teilhabegesetz

Kampf für ein gutes Teilhabegesetz

Liebe Unterstützer(innen) unserer Kampagne.

Wir sind Euch so dankbar für all Eure Unterstützung. Doch unser Kampf für ein gutes Teilhabegesetz geht weiter. Der Druck muss noch stärker werden! Daher gehen wir nun in Berlin auf die Straße. Wir werden direkt am Brandenburger Tor demonstrieren. Am Montag, den 7. November von 14 Uhr bis 15.30 Uhr. Hier werden wir auch die bis dann erhaltenen change.org-Unterschriften überreichen. Denn am gleichen Tag findet die Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales, 11.30 bis 13.30 Uhr im Reichstagsgebäude, Raum 2M001 statt.

Mehr Informationen auf www.change.org

Stellungnahme des Ambulante Dienste e.V. zum Entwurf des Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Der Verein Ambulante Dienste e.V. unterstützt ausdrücklich die Petition „Hilfe für Menschen mit Behinderung- Beschluss eines Bundesteilhabegesetzes unter Beachtung der Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)“

Zum Hintergrund

Im März 2009 erkannte die Bundesrepublik Deutschland mit Unterzeichnung der Behindertenrechtskonvention (BRK), die dort festgeschriebenen Bestimmungen an.

Zum ersten Mal erkannte die Bundesrepublik Deutschland damit auch das Recht jedes Menschen mit Behinderung auf eine unabhängige und selbstbestimmte Lebensführung in der frei gewählten Umgebung auch offiziel an (Artikel 19 UN-BRK).

Zum ersten Mal erkannte die Bundesrepublik Deutschland damit auch das Recht jedes Menschen mit Behinderung auf eine unabhängige und selbstbestimmte Lebensführung in der frei gewählten Umgebung auch offiziel an (Artikel 19 UN-BRK).

Weiter wird auch die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft, insbesondere am politischen und öffentlichen sowie kulturellem Leben mit der Unterzeichnung garantiert (Art. 29 und 30 UN-BRK).

Die jetzige Bundesregierung hat im Sommer einen vom Kabinett bereits verabschiedeten Gesetzentwurf für ein Bundesteilhabegesetz vorgelegt. Dieser Entwurf, der am 22.9.2016 zur ersten Lesung kommt, genügt den Anforderungen der UN-Konvention vor allem für Menschen mit hohem Assistenz- und Pflegebedarf in keiner Form. Der vorgelegte Entwurf sieht deutliche Verschlechterungen und nur geringe Verbesserungen für behinderte Menschen, die auf persönliche Assistenz angewiesen sind, vor.

Der Ambulante Dienste e.V., entstanden aus der Behinderten- und Krüppelbewegung der 80-iger Jahre undhat sich in der Vergangenheit stets für die Interessen von Menschen mit Behinderungen eingesetzt.

Diese Petition macht die Probleme des Gestzesentwurfes sehr deutlich. Der Vorstand, wie auch die Geschäftsführung, des Vereins Ambulante Dienste e.V. rufen zur Unterstützung dieser auf. Auch unterstützen wir ausdrücklich die Vorschläge des<forsea (Bundesverband selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V.) .

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