Tag der offenen Tür 2014
Münster-Gievenbeck, 31. Oktober 2014
Alten, hilfsbedürftigen und behinderten Menschen in Gievenbeck Hilfestellung vor Ort nicht nur in ambulanter Pflege, sondern auch im alltäglichen Leben zu geben, ist erklärtes Ziel des Quartiersstützpunktes der Ambulanten Dienste e.V. in Gievenbeck. Ein vielfältiges kulturelles Programm soll nicht nur das körperliche, sondern auch das seelische Wohl fördern.
Am 31. Oktober waren Angestellte, KundInnen, Bürger und Bürgerinnen des Quartiers in die Büroräume eingeladen, um gemeinsam zu feiern und sich über das Angebot zu informieren. Ein zentraler Punkt des QS Gievenbeck besteht darin, Unterstützung beim Aufbau eines Netzwerkes zu leisten, das Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht. Hierfür soll in absehbarer Zukunft auch ein Assistenzteam im Quartiersstützpunkt ausgebaut werden. Menschen sollen in gewohnter Umgebung ihren alten Gewohnheiten, so gut es geht, nachgehen können. Zur Unterstützung bieten die Ambulanten Dienste e.V. eine persönliche Assistenz. Der Fokus des Stützpunkts in Gievenbeck richtet sich vor allem an KundInnen in Gievenbeck, da so die Wege verkürzt werden und zudem vor Ort bestehende Potenziale genutzt werden können. Barrierefreies Wohnen als auch Einkaufen seien im Quartier bereits gut etabliert. Während der Pressekonferenz sind sich die anwesenden Team-Mitglieder Birgit Edler, Matthias Keil, Dr. Cilly Schwerdt und Harald Wölter darüber einig, dass diese Infrastruktur durch den QS-Gievenbeck noch erweitert werden kann. Hierzu tragen auch der Verein Alternatives Wohnen mit Assistenzleistung e.V. wie auch Sahle Wohnen bei, die zum Beispiel die Räumlichkeiten im Toppheideweg 9 zu einem günstigeren Mietzins überlassen haben.
Begonnen hat das Engagement der Ambulanten Dienste in Gievenbeck in der Dieckmannstraße 130, in unmittelbarer Nachbarschaft. Da die Zwei-Zimmer-Wohnung aber bald zu klein wurde, zog der QS um. Die größeren Räumlichkeiten im Toppheideweg bieten nicht zuletzt für Festlichkeiten wie dem Tag der offenen Tür am 31.10. bessere Möglichkeiten. Sollten noch größere Veranstaltungen geplant werden, so kooperiert das Begegnungszentrum „La Vie“ mit den Ambulanten Diensten, das ebenso in Gievenbeck zu finden ist.
Im Toppheideweg haben nicht nur die Teamleiter der Assistenz-Teams wie auch der Betriebsrat Platz für eigene Büros, sondern es werden auch regelmässige Kurse für interessierte KundInnen, behindert oder nicht behindert, angeboten. Darunter finden sich ein Kultur-Café, ein Yoga-Kurs, ein Malkurs, eine Gesangsrunde wie auch ein Kochkurs. Die Attraktivität, die sich durch das zusätzliche kulturelle Angebot ergibt, erklärt wohl auch die gute Besucherzahl an diesem Tag der offenen Tür. Tim Melkert und sein Assistent bekochen die Gäste an diesem Freitag; später werden noch Waffeln von Rachil Rybak und Larisa Lurye gereicht. Nachdem sich die Besucher ihre Bäuche gefüllt haben, setzt Gisela Uhlen am Klavier zu „Mackie Messer“ an, woraufhin (fast) der ganze Saal mitsingt. Der Zuspruch der Gievenbecker Einwohner fehlt an diesem Freitag noch ein wenig, was schade ist, denn der Quartiersstützpunkt richtet sich auch insbesondere an die BürgerInnen Gievenbecks, die zusammen mit alten und behinderten Menschen eine kommunale Gemeinschaft bilden können. Zusammen lassen sich die Herausforderungen des Stadtteils besser annehmen, so die Überzeugung des QS-Teams in Gievenbeck. Dabei nimmt sich Gievenbeck bereits behindertenfreundlich aus: viele Gehsteige sind abgeflacht, barrierefreies Einkaufen ist in den einzelnen Einkaufszentren möglich, die sich über das Quartier verteilen.
Für den Aufbau eines funktionierenden Konzepts sind viele helfenden Hände notwendig. Vereinsvorstand Wölter räumt ein, dass auf politischer Ebene leider noch keine direkte finanzielle Förderung möglich sei. Indirekt sei aus Stiftungstöpfen eine gewisse Finanzpolsterung möglich. Birgit Edler unterstreicht während des Pressegesprächs zudem, dass die AssistentInnen nicht ehrenamtlich tätig seien, sondern gegen Bezahlung Hilfeleistungen im Haushalt, in der Pflege und in der Tagesgestaltung erbrächten.
Harald Wölter eröffnet kurz nach 12 Uhr den offiziellen Teil mit einer kurzen Ansprache. Er unterstreicht die Kooperation mit anderen Vereinen im Quartier. Das Konzept eines Quartiersstützpunktes sei noch relativ neu. Der Information halber sei seine Rede in Auszügen hier präsentiert:
„Ich möchte Sie und Euch heute herzlich begrüssen. Ich möchte auch viele weiteren Anwohner begrüssen. ‚Quartiersstützpunkt‘ ist noch eine relativ neue Idee, ein neues Projekt, kann man sagen. Ursprünglich begannen wir in der Nähe des Hüfferstifts. Die Ambulanten Dienste e.V. sind ein Träger, der aus der damaligen Behindertenbewegung gekommen ist. Heute diskutieren wir landesweit Inklusion und das ist gesellschaftlich auch schon angekommen. 1982, als sich die Ambulanten Dienste gründeten, sah das noch anders aus. Da war die Teilhabe von Menschen mit Behinderung noch stark diskutiert worden. Das ist jetzt über 30 Jahre her. Unser Auftrag ist derselbe jedoch geblieben: wir wollen die Teilhabe von behinderten und anderen Menschen sicherstellen, also im eigenen Zuhause selbstverantwortlich mit Assistenz leben zu können. Deshalb haben wir gesagt: wir wollen nicht nur politisch wirken, sondern wir wollen auch was machen. Wir haben einen Assistenzbetrieb aufgebaut. Das war zu der Zeit noch ziemlich neu. Andere Träger können dann auch andere Sachen mit aufbauen, mit uns kooperieren. Wir haben mit der Hospiz-Bewegung und der AIDS-Hilfe zusammengearbeitet.
Mit diesem Projekt der Quartiersstützpunkte haben wir eigentlich nochmals einen neuen Weg beschritten, weil wir davon überzeugt sind, dass die eigentliche Lösung im Quartier liegt. Das Quartierskonzept besagt, dass wir in der direkten Nachbarschaft rund um die Uhr Hilfe und Versorgung anbieten, auch in Kooperation mit anderen. Wir haben in Münster generell eine demographische Entwicklung, die einen zunehmend höheren Anteil an älteren und hilfsbedürftigen Menschen absehen lässt. Momentan wohnen in Münster knapp 300.000 Einwohner, bis 2020-30 sollen es 310.000 – 312.000 Einwohner werden. Ein nicht geringer Teil dieses Zuwachses werden Menschen über 75 sein. Wir wollen uns mit unserem Angebot entsprechend darauf einstellen. Wir haben in Münster durch einen einstimmigen Ratsbeschluss den sogenannten „Masterplan Quartier“ politisch eingeleitet. Wir wollen die Quartiere stärken und bieten entsprechend einen solchen Stützpunkt an. Der Quartiersstützpunkt Gievenbeck ist eine Anlaufstelle, über den die Versorgung des Quartiers organisiert wird. Aber er soll auch für die Nachbarschaft interessant sein. Eine Möglichkeit bieten, sich zu treffen, Netzwerke zu entwickeln – denn das ist ja genau das Spannende, dass man kommunale Arbeit zusammen gestaltet. Das ist auch, wie ich glaube, ein ganz spannender Prozess. Einmal natürlich für Gievenbeck, für den Standort, aber auch für die Stadt Münster insgesamt, sich aufzumachen, diese neue Idee in den Quartieren vor Ort zu stärken, ihnen Wohngemeinschaften anzubieten oder alleine zu wohnen undsoweiter. Den Menschen die ganze Vielfalt zu geben. Ich will jetzt nicht sehr viel länger reden, sondern nur noch das Team vorstellen. Ich wünsche allen ein paar schöne Stunden.“
Matthias Keil setzt direkt im Anschluss nach und erläutert die konkreten Aufgabenfelder des Stützpunktes: „Ich darf Sie herzlichst begrüßen, als Mitarbeiter des Quartiersstützpunkt, der in Hauptsache für die Quartiersarbeit zuständig ist und den Bereich der sozialen Betreuung im Verein organisiert. Ich sag mal, das was Herr Wölter uns hier vorgestellt hat, das sind natürlich alles recht hehre Ziele, die sicher sehr viel Vision beinhalten und wir haben uns da eine ganz schöne Menge vorgenommen. Aber ich denke, das ist auch ein Vornehmen, das wir nicht allein als Verein stemmen können, sondern dass wir darauf angewiesen sind, mit den entsprechenden Akteuren hier in Gievenbeck zusammenzuarbeiten. Das ist ja auch für uns ein Grund gewesen, Sie hier einzuladen, uns hier anzubieten als jemanden, der vor Ort eine solche Idee vorstellen möchte und zu uns die verschiedenen Akteure einzuladen, ob es soziale Einrichtungen sind, ambulante Dienste, von Mensch zu Mensch oder von der Stadt Münster – alle, die sich in diese Initiative einbringen wollen, sind willkommen, sich an diesem Modell der Inklusion zu beteiligen. Die Ansätze, die jetzt hier konkret laufen, sind unter anderem, die Menschen, die sich in einer solchen Lebenslage befinden, erstmal zusammen zu bringen, damit sie sich kennenlernen. Wir denken nämlich, allein über dieses Kennenlernen ist es möglich, dass man Synergien entwickelt. Diese Synergien sind dann etwas, was eine solche Arbeit im Quartier erst möglich macht. Dass sich Personen, die Hilfe brauchen, zusammen tun, und dann sagen: gut, du brauchst jetzt nachts um Eins jemanden, der dir auf die Toilette hilft – du möchtest erst um 12 Uhr ins Bett, die Andere möchte vielleicht um 14 Uhr gedreht werden. Diese Menschen haben dann ein Assistenzteam sieben Tage die Woche, das sich abwechselt. Damit wollen wir einen Pflegestandard erreichen, der sich durchaus mit den Pflegeeinrichtungen im stationären Bereich messen kann. Es geht uns darum, dass man das Netz an Versorgung, das man bisher nur im stationären Bereich bedenkt, auf den ambulanten Bereich überträgt. Das ist aber noch Zukunftsmusik.“
Wie sich das kulturelle und kulinarische Angebot im praktischen Detail in Gievenbeck niederschlägt, erklären die Kursleiter/ Organsatoren der einzelnen Angebote selbst.
Kulturcafé
Dr. Cilly Schwerdt referiert kurz zum Kulturcafé, das 1x im Monat stattfindet:
„Das Kultur-Café bzw. der Kulturnachmittag findet einmal im Monat statt. Meist nachmittags. Manche kommen lieber nachmittags, andere lieber abends. Es ist ein Angebot, wo auch jeder hereinkommen kann und es gibt immer Kaffee und Kuchen. Rachil, Larisa und Igor, die hier am Tisch sitzen, machen immer Selbergebackenes. Man kann auch mitbacken. Es gibt Tage, an denen man eingeladen ist, mitzumachen. Es findet immer auch etwas Kulturelles statt.“
KOCHKURS
Wie häufig findet denn der Kurs statt und was macht ihr da genau?
Tim Melkert: Er hat bisher nur einmal stattgefunden. Die Absicht war, dass er einmal im Monat stattfinden soll und jeden letzten Donnerstag im Monat. Der Sinn der Sache war im Prinzip, dass wir zusammenkommen und einer von uns ist jedes Mal der Chefkoch. Beim ersten Treffen vor einer Woche war ich das und ich habe alles erklärt und die Aufgaben verteilt. Beim nächsten Treffen wird Ela die Köchin sein. Das ist eine Kundin, die ich relativ gut kenne und sie wird etwas Brasilianisches kochen, das kennen wir nicht. Da bin ich mal sehr gespannt darauf.
Kochst du dann da auch mit oder bekommt ihr am Schluß das fertige Gericht serviert?
Tim: Eine Person wählt ein Gericht aus, mit Vorspeise oder Nachtisch. Meist sind es zwei Gänge. Bei mir waren es 2 Gänge zumindest. Diese Person ist dann in der Regel der Chefkoch. Die Anderen stellen natürlich Fragen, lernen was, quatschen miteinander, essen mit. Im Prinzip wird dieses eine Gericht gekocht und danach zusammen gegessen. Meist sind es 10 Leute.
Müssen die AssistentInnen, die beim Kurs den Kunden zur Hand gehen, müssen die auch was vom Kochen verstehen oder werden sie komplett angewiesen?
Tim: Die Assistenten werden von uns komplett angewiesen. Das Ziel der persönlichen Assistenz besteht im Prinzip daraus, zu machen, was der Kunde sagt. Und das gilt auch fürs Kochen. Ich darf nicht zu meinem Assistenten sagen: Mach mir mal Spaghetti Bolognese. Das ist nicht Teil ihrer Aufgabe. Ich muss ihnen schon sagen: schneide jetzt die Zwiebel in feine Würfel, stell das Feuer auf Stufe 6, tu so-und-so-viel Öl rein, dann sag ich einfach nur Stopp! Im Prinzip läuft das so. Natürlich sollte aber ein gewisses Grundinteresse des Assistenten vorhanden sein. Das ist sicher nicht verkehrt. Ich habe auch die Erfahrungen zu Hause gemacht, dass ich mit Leuten kochen muss, die für sich selber nur Dosenfutter warm machen.
Mir ist in manchen Teams aufgefallen, dass manche der AssistentInnen nicht gut genug kochen können und es dann zu gewissen Problemen in der Assistenzleistung beim Kunden kommen kann.
Tim: Einerseits wäre das für gewisse Kunden sicherlich hilfreich. Andererseits muss man ehrlich sein und sagen: jeder Kunde wünscht sich diese Dinge etwas anders, jeder hat seine eigenen, auch geschmacklichen Präferenzen. Die persönliche Assistenz hat im Grunde schon die Aufgabe, den Kunden im Alltag zu unterstützen, meine Hände zu ersetzen. Das ist jetzt nicht die Aufgabe, den Haushalt komplett alleine zu übernehmen. Klar ist es auch von Kundenseite immer sehr gewünscht, wenn ein Assistent gewisse klar definierte Tätigkeiten möglichst selbstständig hinkriegt. Das erleichtert uns den Alltag ungemein. Ich spreche jetzt in meinem Fall vor allem von Putztätigkeiten.
Kochst du zu Hause mit den persönlichen AssistentInnen auch so ausführlich?
Tim: Nicht nur in diesem Kurs. Der findet ja nur einmal im Monat statt. Ich habe schon immer ziemlich gerne viel gekocht. Früher habe ich auch mit meinen Klassenkameraden zusammen gekocht, in der Schulzeit. Meine Familie kocht eigentlich auch gerne, gerade sonntags kocht mein Vater ziemlich ausführlich. Also das ist in meiner Familie schon Tradition. Aber natürlich koche ich zu Hause auch, weil ich gerne lecker esse und auch bereit bin, Zeit darin zu investieren. Andere werden ihre Prioritäten anders setzen und sagen dann zu ihren Assistenten eben: Mach mir mal Bratkartoffeln! Wenn sie das machen können, ist das ja auch völlig okay. Ich habe das auch schon gesagt. Ab und zu, wenn ich im Stress bin. Aber dauerhaft ist das nicht meine persönliche Auffassung von Assistenz.
Als abschließende Frage: Bist du auch noch in anderen Kursen hier in Gievenbeck?
Tim: Im Moment nicht. Es hängt auch ein bißchen von der Alterszusammensetzung usw. ab. Bin unter den Kunden einer der Jüngsten im Moment. In dem Kochkurs ist das vom Alter alles gemischt, aber Kochen ist auch ein großes Interesse von mir, immer schon gewesen. Zum Malen oder zum Yoga habe ich jetzt persönlich nicht so den Bezug dazu. Es ist ja eine thematische Sache. Man muss den entsprechenden Inhalt der Gruppe ja vertreten und mögen. Ich habe früher zwar auch gerne gesungen, aber mein Gesang kann man sich nicht anhören. Ich bin zufrieden. Ich muss jetzt auch keine weiteren Angebote unbedingt haben. Wenn man bedenkt, dass die Ambulanten Dienste insgesamt ca. 150 KundInnen haben, ist der Anteil derer, die heute hier sind oder die auch schon in die verschiedenen Gruppen kommen, doch verschwindend gering. Das ist letztlich nur ein Angebot. Viele KundInnen sind halt auch berufstätig, sehr beschäftigt und versuchen irgendwie ihren Alltag in Griff zu kriegen, was häufig – das kann ich aus eigener Erfahrung sagen – sehr schwer ist. Daher finde ich schön, dass es das Angebot gibt, aber für mich reicht es schon.
MALKURS
Der Malkurs läuft schon seit einiger Zeit. Wie ich verstehe, sind es eher kleinere Gruppen?
Rüdiger Schwahn: Gerade nehmen vier-fünf Leute Teil. Es könnten aber ruhig mehr sein. Es ist nur schade, dass nicht mehr kommen. Für manche KundInnen ist es auch umständlich. Ich habe im letzten Jahr einen anderen Kurs angeboten – da sind drei bis vier Leute gekommen. Der Vorteil ist natürlich, dass man besser auf den Einzelnen eingehen kann, und man auch miteinander arbeitet. Eine Kundin macht zum Beispiel, wie soll ich das sagen? – Gegenwartsbewältigung. Alles, was sie beschäftigt, verarbeitet sie in ihren Bildern. Sie arbeitet recht symbolisch in ihren Bildern.
Gibst du im Kurs Anleitungen oder arbeitest mit den TeilnehmerInnen an den Techniken? Muss man Vorkenntnisse mitbringen?
Rüdiger: Gar nicht. Jeder ist anders, jeder hat einen anderen Stand. Ich kann im Prinzip da helfen, wo es noch Unterstützung braucht. Ob jetzt jemand abstrakt arbeitet oder altmeisterlich, mit Öl oder Acryl. Es gibt kein Thema. Jeder bringt seine Idee mit und ich versuche, bei der Umsetzung zu helfen. Es ist manchmal schwierig, weil die Idee komplizierter ist. Wenn jemand noch nie ein Pferd gemalt hat, dann bin ich echt gefordert. Manche der Teilnehmer können sich kaum bewegen, dann wird der Pinsel an die Hand gebunden. Die Malerei ist dann einfach gestisch.
Diese Malerei könnte man auch als eine pflegerische Assistenz im Sinne einer Reaktivierung, einer Mobilisation verstehen?
Rüdiger: Bei mir ist es ganz speziell so gewesen, dass eine bestimmte Teilnehmerin auch kleine Fortschritte gemacht hat. Ich bin ja nicht als Kunsttherapeut ausgebildet. Aber ich denke, ich habe ein Gefühl für die Leute, für Menschen.
Kam die Idee von dir für diesen Kurs?
Rüdiger: Nein. Das wurde von Cilly Schwerdt initiiert. Sie kam aus einer Malgruppe, die sich aufgelöst hat und hat mich gefragt, ob ich diese Gruppe übernehmen könnte. Das war im „La Vie“ [In Gievenbeck.-Autor] Ganz früher noch im alten Quartiersstützpunkt. Dann kam auch von ihr die Idee, das auch für andere KundInnen als Kurs anzubieten. Es ist nur ein bißchen eingeschlafen. Manchmal kommen zwei und schnuppern nur, wollen dann aber nicht weiterkommen und den UKB bezahlen. Der Kurs ist ja relativ preisgünstig, weil er auch finanziell gefördert wird. An Anschaffungen ist eigentlich „nur“ etwas Farbe zu besorgen. In der Gruppe besprechen wir das auch untereinander, kritisieren die anderen Arbeiten.
Es fehlen aber noch Leute?
Rüdiger: Ja. Die Schwellenangst ist manchmal zu groß. Ich denke, wenn ich die Leute mal im Kurs habe und ihnen etwas Anleitungen gebe, dass sich dann diese Schwellenängste abbauen. Aber dafür muss ich diese Teilnehmer erstmal finden. Die meisten wundern sich dann schon, dass es geht, dass man ohne Vorkenntnisse einsteigen kann.
GESANGSKURS
Du leitest ja den Chor. Kannst du uns vielleicht erzählen, wie es dazu gekommen ist?
Gisela Uhlen: Chor ist das eigentlich nicht. Sind eben die paar, die hier zum Kulturnachmittag kommen und singen möchten. Ich habe dann ein paar Lieder angeschleppt und wir singen halt zusammen. Und was sich daraus ergibt, weiß man nicht.
Besteht der Kurs aus KundInnen oder auch Angehörigen, Anwohnern?
Gisela: Es sind eben bislang die, die zum Kulturnachmittag kommen. Ja, Kunden weiß ich jetzt nicht. Ich kenne mich bei den Ambulanten Diensten nicht so genau aus. Sowohl Menschen mit Einschränkung und ohne.
Läuft das schon seit einiger Zeit?
Gisela: Der Gesang ist erst spärlich angelaufen – es sind auch nicht so viele. Aber so seit einiger Zeit machen wir das. Demnächst, ich glaube im November oder Dezember, ist nochmals Wintersingen angesagt. Erst war ja dieser Kulturnachmittag jede Woche, aber nicht jede Woche Singen. Jetzt ist es einmal im Monat und ich mache einen Gesangsnachmittag noch.
Wie bist du zum QS-Gievenbeck gekommen? Über Pflege-Assistenz?
Gisela: Nein. Ich habe mit Pflege überhaupt gar nichts zu tun. Ich kannte Cilly Schwerdt und dadurch kam das zustande. Ich bin eigentlich nur ganz privat hier, weil wir uns kennen und das eine gute Initiative finde. Aus Sympathie.
Denkst du, dass sich Gievenbeck besonders für ein solches Angebot empfiehlt?
Gisela: Es gibt ja in Gievenbeck viele Initiativen. Wir hoffen, dass das richtig anlaufen kann und dass auch ruhig von weiter her Menschen kommen. Eigentlich dachte ich auch eher an Menschen hier aus der Umgebung, die gar nicht unbedingt an die Ambulanten Dienste angeschlossen sein müssen. Da wage ich jetzt keine richtige Aussage zu tun. Aber wenn es „Quartiersstützpunkt“ heißt, denke ich, kann ja auch ruhig jemand kommen, der hier im Quartier wohnt, nicht?
Also dann auch verstanden als eine kommunale Gemeinschaftsaufgabe?
Gisela: Ja, dachte ich mir. Natürlich können sie auch von weiter kommen, aber ist vielleicht eher unwahrscheinlich. Ich habe es so verstanden, dass es Sinn der Sache ist, dass Menschen, die älter werden, die nicht so flexibel sind, also vor Ort Beschäftigungsmöglichkeiten und ein kulturelles Angebot haben. Letztlich sollte man offen sein. Offen für alles. Ich meine, es gibt ja schon so viele Initiativen, auch kirchlich gebundene oder so. Da wäre vielleicht auch eine Zusammenarbeit wünschenswert, aber das ist jetzt auch nicht meine Aufgabe. Ich bin ja nicht bei den Ambulanten Diensten beschäftigt. Ich mache es nur einfach so.
Ist der Zuspruch für den Kurs ein guter?
Gisela: Wir sollen uns noch mehr Sänger wünschen, ja. Es sind noch nicht wirklich viele. Man muss auch Geduld haben. Um etwas anzuleiern, braucht man auch etwas Zeit, denke ich. Das dauert immer. Musik ist ein gutes Mittel, Menschen etwas zu geben. Ich meine, jeder kann singen und kennt vielleicht ältere Lieder. Oder auch neuere. Da bin ich wieder nicht so firm. Ich mache beruflich nämlich Barockmusik.
Auch schon hier mal versucht?
Gisela: Wir haben hier mal ein Konzert gemacht, mit meinen Schülern. Das wäre auch mal noch eine Initiative, die man machen könnte.
Wären vielleicht auch Konzerte mit dem Kurs denkbar?
Gisela: Je nachdem, wie sich das entwickelt. Es sind ja einige darunter, wie zum Beispiel der Matthias und der Igor, die können ja super gut singen. Dann könnte man durchaus was machen. Aber dann müsste man das in irgend einen größeren Rahmen einbetten. Wir sind ja jetzt keine Profi-Sänger, die ein Konzert gestalten könnten. Als offenen Singnachmittag im „La Vie“ wäre das auch anzudenken.